Themen

Hier findest du verschiedene Themen, über die ich mir Gedanken mache. Zum ordnen. Festhalten. & Austauschen.

  • Übers Leben, übers Studieren, Vom Reisen

    5 Jahre Leben oder auf der Suche nach dem „richtigen“ Weg

    Ich bin auf dem Weg. Wortwörtlich. Denn während ich diese ersten Sätze in das Word Dokument tippe, in das ich so lange nichts außer Uniabgaben getippt habe, sitze ich im Zug nach Porto. 

    Ich bin also auf dem Weg in eine weitere unbekannte Stadt. An diesem Punkt saß ich die letzten Wochen öfter als sonst. Manchmal voller Vorfreude, manchmal etwas aufgeregt, weil ich nicht wusste, was kommt. 

    Es ist schön, wenn man die Ähnlichkeiten des Lebens mit dem Backpacken sehen will und kann. Das nie so ganz Ankommen und gleichzeitig, schon am Bahnhof wohlfühlen, wenn Ort und Menschen passen. 

    Das nicht wissen was kommt. Und es beim Reisen irgendwie mögen.

    Das Anreisen erst als Mittel zum Zweck sehen und irgendwann merken, dass das schon zur Reise gehört. Mehr als alles andere. Vor allem, wenn man längere Strecken vor sich hat. Strecken, die mit vertrauten Gesprächen mit anfangs Fremden enden. Strecken, die sich anfühlen, wie diese Jahre ab 18. Beängstigend, weil man keinen einzigen Stop kennt und dort auch selten jemand auf dich wartet und gleichzeitig so aufregend.

    So bin ich also auf dem Weg seit 21 Jahren. Und seit 5 Jahren habe ich auf diesem Blog nichts mehr geteilt. So ungefähr die Jahre, in denen so viel passiert ist, dass es nicht möglich ist das in einem Blogpost zusammenzufassen. Ich schreibe so gerne und vielleicht gibt es ja ein paar Menschen, die gerne lesen und denen es hilft, wenn ich über Wege schreibe, die ich ausprobiert habe. Ausprobiert und für gut erkannt, für schrecklich und für ganz okay. Und dabei ist wohl das Wichtigste immer im Hinterkopf zu behalten, dass viele Wege an viele Orte führen und mein Glück nicht deines bedeuten muss und andersherum. 


    Strecke 1: 2017-2018

    Diese Tour kann ich relativ kurzhalten, weil mein Gedächtnis einfach nicht so gut ist und ich aus der Zeit mit 16/17 nicht mehr alles im Detail erinnere und nichts verfälschen will. Ich weiß nur, dass ich mich langsam von einem essgestörten Verhalten erholte und dass das vor allem funktionierte, indem ich viel an meinen Glaubenssätzen gearbeitet habe. An meiner Sicht auf Schönheit und ihrer Wichtigkeit und meinem Verhältnis zum Sport. In diesen Jahren bin ich vegetarisch geworden, weil ich mein Social Media nicht mehr mit Fitness Models füllte, sondern mit Menschen, die aufklärten und über wichtige Themen sprachen. Und ich habe angefangen Sport zu machen, weil er mir Spaß macht und ihn nicht mehr als Waffe gegen einen vermeintlich nicht richtigen Körper zu nutzen.

    Nachdem ich dann noch einige Dokus geschaut habe wurde aus dem vegetarisch-Label schnell ein vegan und dahinter stehe ich auch noch nach 4 Jahren. Trotzdem habe ich aus meiner restriktiven Essphase für mich gelernt, dass ich nicht mehr mit Verboten arbeiten möchte, was das Essen angeht. Deshalb gibt es in meiner Ernährung über das Jahr verteilt immer mal ein paar vegetarische Ausnahmen, wenn es nicht anders geht, leichter ist oder ja – ich auch einfach mal Bock drauf hab (was tatsächlich nur selten passiert).

    Das Jahr 2018 endete also mit einer veganen Hannah, die sich seit diesem Jahr noch mehr Sorgen machte als sonst. Jetzt aber nicht mehr nur um sich und ihre Freund*innen & Familie, sondern auch um den Planeten und all die unschuldigen Tiere, die täglich unnötig auf unsren Tellern landen. 

    Das ich auch vier Jahre später noch auf diesem Weg gehe und zwar gesund & meist glücklich spricht wohl dafür, dass ich das Gefühl habe, wenigstens in diesem Punkt den richtigen Weg gefunden zu haben. Ich würde ihn weiterempfehlen :). Und dabei gibt es ja so viele kleine Schritte mit denen man hier anfangen kann. Etwas das ich nämlich immer wieder lerne:
    wenn wir uns gegenseitig und selbst weniger unter Druck setzten, dann macht das Ganze viel mehr Spaß und geht schneller von selbst.


    Strecke 2: 2018-2019

    In diesen Jahren bin ich 18 geworden und habe auf diese große Veränderung gewartet. Dieses plötzlich Aufwachen, erwachsen fühlen und wissen was man will. Dieses Aufwachen gab es bei mir übrigens bis heute nicht so, wie ich mir das lange vorgestellt und auch ein bisschen erhofft habe.

    Diese großen Veränderungen kommen dann aber doch, und zwar manchmal so, dass man sie fast verpasst, wenn man nicht drauf achtet. 2019 habe ich mein Abi gemacht und da war es plötzlich vorbei mit der Schule. Das was mein kurzes Leben bisher zum größten Teil gefüllt, strukturiert und bestimmt hat war plötzlich weg. 

    Weil ich wie gesagt noch nicht aufgewacht war mit dem Wissen was ich jetzt mache, wo die Schule das nicht mehr festlegte, plante ich ein Auslandsjahr. Und so arbeitete ich den Sommer über, so wie die Sommer zuvor auch. Sah Freund*innen in neue Städte ziehen mit Plänen für ein Leben das nicht mir gehörte und verpasste es irgendwie mich so richtig zu verabschieden von diesem Teil meines Lebens. Wie auch immer ein richtiger Abschied aussehen mag. Jednefalls war es wie auf Reisen, wenn man plötzlich im nächsten Zug/Transportmittel sitzt und merkt man lässt einen Teil von sich an diesem Ort, in dieser Zeit.

    Ende 2019 saß ich dann also im Flugzeug nach Neuseeland. Mit nicht viel Plan, aber ganz viel Neugierde. Ich bin mit einer Freundin zusammen hingeflogen und gemeinsam haben wir die ersten 2 Monate erlebt. Ich habe das erste Mal in meinem Leben ein Auto/Van gekauft und darin gelebt. Manchmal wünschte ich, ich hätte in Neuseeland gebloggt, damit die Tipps auch für euch etwas zugänglicher wären, aber vielleicht hole ich dazu einfach mal was nach hier die nächsten Monate. Würde euch das interessieren?

    Ich kann diesen Teil meines Lebens jedenfalls auch von Herzen empfehlen, aber auf meinem Interrail lerne ich grade, dass es nichtmal so weit weg sein muss. Es geht beim Reisen und vor allem beim backpacken nicht ausschließlich um die Orte, sondern so viel öfter um die Menschen. 

    Ich habe in Neuseeland jedenfalls einige tolle Menschen getroffen, geliebt und gehen gelassen. Es war eine prägende Zeit für mich. Ich ließ eine Hannah hinter mir als ich nach Neuseeland ging und genauso ließ ich auch eine Hannah, die ich hier zum Teil geworden war zurück.

    Ich vermisse es oft. Dieses Land. Diese Menschen. Diese Zeit, die eine der unbeschwertesten meines Lebens war. Und diesen zurückgelassenen Teil von mir. Manchmal spüre ich ihn wieder aufflammen, wenn er es dann durch den Druck von Abgaben, Klausuren und anderen Leistungen schafft. Vor allem auf Reisen komm ich diesem freien Teil von mir näher. Weil oder obwohl ich da durchgängig auf dem Weg bin, den ich für mich noch nicht genauer definieren konnte. 


    Strecke 3: 2019-2021

    Diese Strecke fasse ich etwas kürzer zusammen. Sicherlich wissen wir alle warum. Durch Corona musste ich also Neuseeland etwas früher verlassen als geplant und doch bin ich so dankbar, dass ich meinen Abiball und ein Auslandsjahr in der Form erleben durfte. Das ist mehr, als einige andere die nächsten Jahre erlebten. Es schmerzt mich, dass für viele junge Menschen, die Jahre, die sonst so aufregend sind zu Jahren von Isolation wurden.

    Als ich dann zurückkam gab es jedenfalls den ersten Lockdown in Deutschland. Von absoluter Freiheit und jeden Tag mit dem Van ein Abenteuer erleben saß ich da nun in meinem alten Kinderzimmer mit Heimweh zu einem Land, dass auf der anderen Seite der Erdkugel liegt. Keine gute Kombination.

    Im Sommer fand ich zum Glück einen wundervollen Sommerjob an der Surfbox in Trassenheide. Freund*innen, Familie und am Strand arbeiten. Das war in dem Moment einfach genau das was ich brauchte, während ich dachte zu wissen wohin mein Weg ab dem Herbst führen sollte.

    Psychologie Studium in Leipzig. Davon war ich fest überzeugt und zur Hälfte behielt ich damit wohl auch Recht. Das Studienfach wurde es. Nur nicht in Leipzig, weil ich dort, zu meinem anfänglichen Schmerz – heute würde ich sagen zum Glück – nicht angenommen wurde. Eine andere Stadt mit dem gleichen Anfangsbuchstaben holte mich zu sich. Lübeck. 

    Die Anfänge des Studiums kennzeichneten sich bei mir vor allem durch meinen Laptopbildschirm, das Gefühl keine richtige Studentin zu sein und vielen einsamen Stunden. Zum Glück lernte ich bevor der nächste Lockdown im November 2020 kam meine bald engste Freundin kennen. Und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass ich ohne sie dieses Studium schon abgebrochen hätte. Aber zusammen hangelten wir uns da irgendwie durch. Lachend, weinend, wütend über dieses System, dass einem selbst mentale Probleme bereitet, weil der Notendruck und die nicht auseichenden Masterplätze nicht grade eine sichere Zukunft versprachen.

    Und schon zu Beginn des Studiums merkte ich schnell: Das ist anders als ich mir das vorgestellt hatte. Und ich kommuniziere das auch ehrlich mit anderen. Trotzdem wollte ich nicht abbrechen, weil was würde ich dann tun? Und so traurig dieser Grund auch ist, ist er bis heute der, der mich im Bachelor hält. Und diese enge Freundin von der ich erzählt habe. Ohne sie wäre das Ganze ein Trauerspiel gewesen. Mit ihr konnten wir wenigstens gemeinsam drüber lachen. Galgenhumor oder so.


    Strecke 4: 2021 – 2022

    Seit das Studium begonnen hat oder seitdem Corona unser aller Leben verändert hat, ist die Zeit nur so verflogen. Vielleicht ist es auch eine Kombination aus beiden Gründen. Ich erinnere mich noch gut, dass es eine Zeit gab, in der aus meiner damaligen Sicht nur alte Leute so etwas gesagt haben. „Genieß die Zeit.“ Oder „Es geht so schnell vorbei.“ Und jetzt höre ich diese Sätze zu oft aus meinem eigenen Mund. Dabei bin ich gefühlt noch weit entfernt von Alt und vom Erwachsen sein eigentlich auch. 

    Ich bin also immer noch auf dem Weg und ehrlich gesagt fühlt es sich an als säße ich in einem Zug, bei dem ich das Ziel nicht kenne. Ich kann nur herausschauen, die Fahrt genießen und eben öfter mal aussteigen, wenn es mir gefällt. Der nächste Zug wird dann sicher auch folgen, wenn es doch nicht so toll ist oder ich einfach weiter möchte. Man muss nur mutig genug sein, um wieder einzusteigen oder überhaupt auszusteigen.


    Strecke 5: Jetzt

    Während ich die letzten Zeilen, dieses „kleinen“ Lifeupdates tippe sitze ich wieder im Zug. Während meines Interrails ist das der Ort, an dem ich die meiste Arbeit erledige, damit ich an den Stopps coolere Sachen machen kann. Das klingt jetzt als wäre ich in den Zügen immer super produktiv, aber das stimmt so auch nicht, weil das Internet oft nicht gut ist und ich auch einfach müde. Ich habe also schon öfter in Zügen geschlafen, als das ich etwas für die Uni gemacht habe. Das ist etwas was mich momentan auch etwas belastet. Aber ich weiß, dass sich ein Weg finden wird und es kommt bei mir so oft anders als geplant und doch meistens gut. Natürlich passiert das auch durch meine Privilegien, derer ich mir bewusst bin. Ich bin einfach unfassbar dankbar für die Möglichkeiten, die sich mir bisher so geboten haben und versuche wo es geht zu teilen und nicht alles nur für mich alleine zu nutzen. 

    Und ich versuche öfter wieder mutig zu sein und einfach aus- oder einzusteigen, damit das Leben nicht nur hinterm Fenster vorbeizieht.

    Vielleicht ist das ja etwas, das ich dir mit diesem Lifeupdate mitgeben darf.

    Pass auf dich auf, steig aus, wenns dir irgendwo gefällt und bis bald. <3

    Hannah